Walter Silbernagl (Faschismus)

Jg. 1923, Optant, nicht ausgewandert, Wehrmachtsangehöriger

Aber, ich kann mich erinnern, die 5.000 – ‚Cincquemila canoni, no, oltre cincquemila canoni!‘ –, das kann ich mich halt erinnern, dass sie die abgenommen haben. Und dann haben wir so italienische Lieder auch singen müssen. Da „Il piave mormorava“, so Kriegslieder. Oder „Sul monte c’é un cimitero” und da hat er erklärt: ‚tapum, tapum, tapum, lá sul monte c’é un cimitero, tapum, tapum, tapum’. Dann hat er gesagt, das ‚tapum‘, die österreichischen Gewehre, wenn sie geschossen haben, die haben so gemacht: ‚tapum, tapum‘. Das kann ich mich erinnern, hat er uns so erklärt. Dann nach acht Jahren Schule bin ich heim und da hab ich halt müssen daheim arbeiten. Daheim, da haben wir nur deutsch geredet. Halt tirolerisch, im Dialekt, wie wir da reden. Daheim ist es schon schön gewesen, nur hab ich nicht dürfen gehen studieren, ich hab müssen arbeiten. Da war er schon streng, mein Papa. Da war so ein kleines ‚Budele‘ [Theke], da hat er den Holzstock gehabt, wo er das Fleisch ausgehackt hat, weil früher hat man gesagt ‚Fleischaushacken‘. Da sind die Kunden dann gekommen, der eine hat gesagt: ‚Hack mir da ein Kilo ab!, dann ist es weitergegangen, der nächste: ‚Gib mir auch da ein Kilo!‘. Da war das noch selten, dass sie ein Schnitzel oder so etwas verlangt haben, immer ein Stück Fleisch einfach, damit sie etwas haben. Später gab es die Sommersaison, die Italiener sind dann im Sommer gekommen, da hat die Saison so am 20. Juli angefangen und am 20. August war sie dann schon immer wieder zu Ende. Dann hat man die Italiener auch bedient, da hat man schon auch Schnitzel hergeben müssen: ‚La fettina é troppo dura!, oder ‚non dura!‘ Und selbstverständlich der Papa, der hat ja da wenig Fleisch verkauft.

[…]

Dann hat es auch geheißen, der Krieg, mein Gott, wie lang kann denn der Krieg dauern? Höchstens zwei, drei Monate, so sind wir bewaffnet. Das werden wir schon machen … Ich hab das ja auch gesehen, mir ist schon auch vorgekommen, wie will denn Deutschland, gegen die ganze Welt so einen Krawall machen? Die Italiener, die haben oben am Platz ein Radio aufgestellt gehabt, da kann ich mich noch erinnern, als der Mussolini gesagt hat: ‚In questo momento abbiamo dichiarito la guerra all’Austria – halt, alla Francia e all’Inghilterra.‘ Haben sie den Krieg erklärt gehabt, die Italiener, mit dem H[itler]. Die haben ‘39 den Rom-Berlin-Pakt gemacht. ‚Asse Roma Berlino‘ hat es geheißen. Da haben wir müssen runter nach Kollmann und auf der Straße stehen, als der Mussolini vom Brenner runter ist, haben wir müssen unten alle schreien und jubeln. Als er vorbeigefahren ist, das ist, mein ich, die ganze Straße entlang so organisiert gewesen. Was haben wir denn da gejubelt? Für was? Den Mussolini? Den hab ich ja gesehen? Der ist in einem Auto dringewesen, in einem Auto ist er runtergefahren, auf der Straße. Später sind wir unten in Forlí draußen gewesen, in Predappio, da wo er geboren ist. […] Ich habe mir dann oft gesagt, der Mussolini wird vielleicht ganz ein ordentlicher Mann gewesen sein, aber die was er um sich hat gehabt… Sonst sind die Italiener feinfühliger als die Deutschen. … Die Italiener, da waren immer die ‚feste nazionale‘. Das haben sie auf dem Platz oben organisiert. Da hätte man als Unternehmer müssen mit der schwarzen Faschistenkappe auf hingehen und auch da stehen. Die Bauern, die haben sie auch gerufen, oder die sind auch ins Dorf gegangen, weil sie interessiert gewesen sind. Einmal, als sie dann die Hymne gespielt haben, da hat so ein ‚Gusner‘ [Tagusener] Bauer, der hat den Hut aufgehabt. Da ist so ein Gemeindeangestellter da, ein Italiener, der ist hin und hat ihm ihn [den Hut] runtergeschlagen.