Elisabeth Kronthaler, geb. Scherlin (Gehen)

Jg. 1929, Optantin

Die Mutter hat einen Bruder gehabt, den Heiss, der hat sich um die Mutter fest gekümmert nachher und schon die Schwestern auch. Aber der Heiss hat auch so die Gänge gemacht, Ämter und so. Anders wär es nicht gegangen. Wir sind ja alle ausgewiesen worden. Die ganze Familie ist ausgewiesen worden, weil der Vater bei einer illegalen Versammlung 1939 erwischt worden ist. Dann war grad noch Zeit,… sie haben uns halt dann die Zeit gegeben zusammenzupacken. Und ich weiß auch noch ganz gut, wie die Mutter angefangen hat. Ein Tischler ist gekommen und hat Kisten gemacht, so richtige Holzkisten, große Kisten. Wir hätten eigentlich alles mitnehmen dürfen und wir haben auch schöne Bilder gehabt und so. Ein paar alte Kasteln und alte Truhen hat sie schon auch verschlagen lassen. Das ist dann schon alles hinunter gekommen nach Waidbruck und mit dem Zug hinaus transportiert worden. Aber das Weggehen war schon schlimm, da könnt ich heute noch weinen. Das Zeug war schon fast alles weg und wir haben dann bei den Nachbarn und bei den Verwandten geschlafen. Ich war 14 Jahre alt und man hat auch schon die Freunde alle gehabt im Dorf und ein bisschen einen Schatz auch schon. Wie es halt ist. Es war ja nichts dahinter. Aber ich kann mich halt auch ganz gut erinnern. Es war am Dorfplatz: Die Leute haben geweint, die Mutter hat geweint, … wir sind dann mit dem Postauto hinunter nach Waidbruck gefahren und da sind wir eingeladen worden in den Zug. Der Dorfplatz war voller Leute, voller Leute. Daran denke so oft, wenn wir jetzt so hineinkommen nach Kastelruth, die älteren Leute – die jungen Leute wissen ja das nicht – aber die älteren Leute bleiben heute noch stehen und gehen auf einen zu und sagen, ‚Gelt, du bist ein Schulmeister?‘ Die wissen das noch.

[…] Und dann war Fliegeralarm, wie wir im Zug waren. Dann sind wir nach Innsbruck gekommen und da haben wir drei oder vier Tage müssen in einem Hotel wohnen, bis die Formalitäten erledigt waren, dass wir nach Erl konnten. Und das war dann das ganz Schlimmste, wie wir nach Erl gekommen sind. Das war ganz schlimm. Also da waren die Mutter, ich, – ich war die älteste dann, weil die anderen waren im Internat – und der Hans war sechs und der Sepp war vier, die Juli war sieben oder acht. Und dann kommen wir hierher nach Erl, und das weiß ich noch genau, das war der 18. November [1943], grausig, regnerisch, kalt, das Dach ist eingegangen. Wir hatten da schon drei Häuser, aber das Gasthaus war verpachtet, da war eine Pächterin drauf und da wo meine Schwester Burgl jetzt wohnt, da war noch die alte Besitzerin drauf, die hat da das Wohnrecht gehabt. Da war dann das Metzgerhaus, das ist jetzt das mittlere, und da haben wir uns die Wohnung eingerichtet. Es gab kein trockenes Holz. Also Viecher waren schon im Stall, und Rösser. Der Vater hat immer Haflinger gehabt und fünf Haflinger haben wir mitgenommen hinaus. Mit einem Leiterwagen, mit unseren Rössern haben wir das Zeug von Kufstein nach Erl hinunter geführt. […] Die Stube haben wir gleich einmal ganz fein hergerichtet, damit, wenn die Schwestern einmal von Pfaffenhofen vom Internat heimkommen, damit die es schon fein haben, damit es ein bisschen Daheim ist.

Aber geraucht hat es. […] Wahrscheinlich hat es schon mehr Interessenten für diese Heimat gegeben, aber die Südtiroler haben da das Vorkaufrecht gehabt. Und die haben den Kamin zugemauert gehabt. Aber wir haben so gute Nachbarn gehabt. Also da die Schwester Anna, die hat den Hermann gehabt und die Rodenstock, Brille Rodenstock von München, die haben da eine Villa und eine Landwirtschaft gehabt und da waren Pächter drauf, der Klingler, und der ist gleich gekommen und hat gesagt: ‚Wenn wir eine Hilfe brauchen, er ist da!‘, weil der Vater war berufstätig, der war Treuhänder, der hat hier schon gearbeitet und dann haben uns die Nachbarn so viel geholfen. Ich weiß noch, ich bin mit 14 Jahren schon in den Stall gegangen, wir haben sieben, acht Kühe gehabt im Stall, das hab ich machen müssen. Da war ein Südtiroler auch da, ein Sarner, den hat der Vater auch hergebracht und der hat da bei uns in der Landwirtschaft gearbeitet.