Jg. 1926, Optant, nicht ausgewandert, Oberschule in Vorarlberg, Wehrmachtsangehöriger
Also ich persönlich, ich habe ausgezeichnete Lehrer gehabt! Wenn die Leute bei uns etwas anders sagen von den italienischen Lehrern – ich habe die besten Erfahrungen gemacht! Von vier, fünf Lehrern hat uns einer nicht gemocht. Ich habe eine solche Lehrerin gehabt, die hat uns nicht gemocht. Diese crucchi hat sie nicht gemocht! Und ich sehe heute noch dieses Zeugnis da. Da steht von oben bis unten: ‚insuff.‘, ‚insuff.‘, ‚insuff.‘, ‚insufficiente‘, also ungenügend. […] Ich weiß nicht mehr, haben sie mich doch durchgelassen? Danach haben wir eine Lehrerin gekriegt, die haben wir die ‚Schnaunzla‘ geheißen, weil sie einen Schnurrbart gehabt hat. Die war ganz elegant, so mit hohen Stöckeln, damals war das für uns Bauernkinder natürlich ganz [elegant]. Aber die hat uns uns mögen! Die hat uns gemocht! … Jedenfalls haben wir da gelernt! Da weiß ich, habe ich dann sogar die ‚croce al merito‘ gekriegt, also das Verdienstkreuz in der Schule! [Das] muss man sich vorstellen! Und das ist, weil’s so lustig gewesen [ist] – ich möchte nur sagen, das Positive in dieser Zeit ist bei den Kindern sofort schon [angekommen]. […] Die Erziehung ist nicht allmächtig, aber sehr mächtig! … Die Kinder, die hängen an dieser Lehrperson – und warum soll man nicht, natürlich? Und das Sprachliche hat man sich dann langsam angeeignet. Also ich weiß, dann haben wir müssen die Uniform für die ‚Balilla‘ für also Jungfaschisten haben: Jetzt wir Bauernkinder haben diese fünf Lire für die ‚tessera‘ [Ausweis] nie gekriegt. Weil wir haben ja kein Geld gehabt. Wir haben zu essen gehabt und die Bäuerinnen, die haben halt diese Eier, die sie verkauft haben und ein paar Kleinigkeiten – das war das Bargeld! Da waren diese fünf Lire ein ziemlicher Betrag, fünf Lire! Die haben sie nicht geben wollen, oder sie haben sie nicht gehabt. Und da hat man keine Uniform gekriegt! Dann hat man halt diese ‚tessera‘, also diesen Mitgliedsausweis zur jungfaschistischen Ding da, nie gekriegt. Und zum Schluss, weil wir doch gut gelernt haben, haben sie ein paar solcher Uniformen, die Fetzen, die übrig geblieben sind, verteilt: Die Hosen viel zu groß und das hat alles nicht gepasst überall. Die einen, die Wohlhabenden, die haben sich das vom Schneider natürlich machen lassen. Und wir, wenn wir durch das Dorf gegangen sind, […], dann haben sie gepasst da, die Halbwüchsigen: ‚Jetzt kommen die Faschisten!‘ Wir haben uns geschämt! Das war ein Spießrutenlaufen durchs Dorf, also sondergleichen! Auf halbem Weg waren so Bewässerungsrohre, die waren meistens halbwegs trocken, da haben wir unsere Sachen da hineingestopft, das Schwarzhemd hineingestopft, diese Krawatte da und diesen Hut da. Da kann man sich dann vorstellen, wie das dann ausgeschaut hat, nicht wahr! Zu diesen Hosen hätte man einen Gürtel gebraucht, die waren viel zu weit, jetzt habe ich ein Schnürlein immer herumgehabt. Dann bin ich zu dieser, dieser … Prämierung vorgeschlagen gewesen. Dort waren die ganzen Offiziere, da waren dann die ganzen Parteibonzen da und wir haben müssen vormarschieren. Jetzt ich habe damals Schnürlein auch keines gefunden, dann habe ich halt diese Hose gehalten, dann hat es geheißen: ‚Thöni Paolo!‘ Da habe ich müssen vormarschieren! Dann – wie eine Kanone hat alles gelacht! Alles war ganz zerknittert, voller Dreck bin ich nach vorne marschiert. Dann haben sie mir dieses Kreuzchen da die Brusttausche aufgesteckt da und sie haben mir ein Buch von der Dante-Alighieri-Gesellschaft gegeben. Nur, um zu sagen, wie das ist: Diese Lehrerin hat uns so gemocht, dass wir so fest gelernt haben, dass ich sogar so ein Kreuzchen gekriegt habe! Danach habe ich wieder zwei Lehrer gehabt, also bestens! Bestens! Einer, der war ein Reserveoffizier von der Luftwaffe, der hat mit uns immer Modelle gebaut. Deswegen bin ich bei den Deutschen dann zur Luftwaffen gegangen, weil das war mein Wunschtraum gewesen. Es war nicht alles schlecht! … Zum Teil, diese Lehrer haben ja auch nichts Gutes gehabt mit uns! Die muss ich also wirklich verteidigen, wo man so viel schimpft, nicht wahr? Das stimmt nicht gerade alles! Die haben unter ganz prekären Verhältnissen, mit ganz schlechter Bezahlung, diesen Deutschen, diesen ‚crucchi‘, wie sie uns geheißen haben, etwas beibringen. Und diese Lehrer, wie gesagt, die haben nichts Gutes gehabt bei uns im Grunde genommen. Zunächst einmal hat’s keine Fremdenzimmer gegeben. Die haben müssen unter ganz prekären Verhältnissen also ihre Vorbereitungen machen – in kalten Zimmern oder in der Stube, wo halt alle sitzen natürlich. Man muss sich einmal hineinversetzen! Ich habe das danach also nachvollziehen müssen, also weil ich das ja selber dann diesen Beruf gewählt habe, nicht wahr. Also, da muss man schon ehrlich sein.